Kunststoff ist keineswegs eine Erfindung der industriellen Revolution. Das Material ist weitaus älter. Schon 1531 entdeckte der Augsburger Benediktinerpater Wolfgang Seidel, dass man aus Magerkäse ein im warmen Zustand formbares und nach dem Erkalten äußerst festes Material herstellen konnte. Den Käse unterzog er einer lange dauernden Prozedur des Erhitzens und Reduzierens, bis daraus schließlich Kunsthorn oder Kasein wurde.
Es ist "hart wie Knochen und wunderbar durchscheinend" kommentierte der Erfinder des Kunststoffs sein Resultat. Das Kasein wurde daraufhin unter anderem zum Herstellen von Formen, Trinkgeschirr oder Schmuckstücken benutzt. Durch Zugabe von Farbstoffen konnten die Gegenstände sogar nach Belieben koloriert werden.
Es dauerte allerdings noch lange bis es gelang die makromolekularen Naturstoffe künstlich nachzubauen Alles begann im Jahre 1860 Mit Alexander Parkes, begann alles. Er hatte weder in Chemie noch in Physik eine Ausbildung. Zunächst beschäftigte er sich mit der Verarbeitung von Naturgummi. Durch die Entdeckung der Vulkanisierung und der ersten Fertigungsmaschinen wurden auf diesem Gebiet große Fortschritte gemacht.
Sein Interesse für andere Substanzen wurde erweckt. Parkes befasste sich nun mit dem in Basel erhaltenen Zellulosenitrat und fand ein neues Material, das in festem, verformbaren und in flüssigem Zustand verwendet werden konnte und das mal hart wie Elfenbein, mal lichtundurchlässig, mal flexibel, mal wasserundurchlässig oder verfärbbar war und das genau wie Metall mit dem Werkzeug bearbeitet, formgestanzt oder gewalzt werden konnte.
Dies geschah auf einer internationalen Messe in London, auf der die ersten Muster dieser Materie ausgestellt wurden, die zweifelsohne als der erste und ursprüngliche Kunststoff gelten kann, der dann Stammhalter einer großen Familie von Polymeren wurde, zu der sich heute einige hundert Komponenten zählen können.
Wussten Sie schon, dass der erste Kunststoff bereits im Jahr 1870 entwickelt wurde auf der Suche nach einem Ersatzmaterial für die Herstellung von Billardkugeln, die bis dahin aus Elfenbein gefertigt wurden?
Die Brüder Hyatt aus New York hatten sich mit ihrer Entwicklung an einem Wettbewerb beteiligt, der eben dieses Ziel ausgeschrieben hatte. Sie hatten auf der Basis von Kampfer und Cellulose ein Material hergestellt, dass als Cellulosenitrat oder Celluloid bezeichnet wird.
Wenig später, bereits 1884, wurde eine erste Kunstfaser entwickelt, das Celluloseacetat. Doch bis es zum Durchbruch der Kunststoffe kam, sollte noch einige Zeit vergehen. Zwischen 1930 und 1940 wurde in deutschen und amerikanischen Labors fieberhaft an weiteren Entwicklungen geforscht. So entstanden unter anderem Polyethylen und Polyamid, Stoffe, die heute alltäglich sind. Es wurden außerdem Verfahren entwickelt, um Kunststoffe mit anderen Materialen wie Papier, Pappe oder Aluminium zu verbinden.
Mit der Entwicklung von Kunststoffen begann auch die Stunde der Verarbeitung künstlicher Fasern. Die handwerkliche Herstellung von Garnen und Fasern wurde abgelöst durch industrielle Produktionsverfahren. Im französischen Oyonnax etwa liefen bereits 1930 die ersten Injektionspressen.
1936 kommen die ersten Haushaltswaren und Spielzeuge aus Plastik auf den Markt. 1960 wird eine erste Kunststoffmesse in Oyonnax abgehalten. 1989 hat das Wort „Plasturgie“ für Kunststoffverarbeitung bereits in den französischen „Duden“, den „Petit Larousse“, Einzug gehalten. Kunststoffe sind aus unserem täglichen Leben heute nicht mehr wegzudenken.
Das dritte Jahrtausend Mehr als hundert Jahre alt – und dennoch hat die Geschichte der Kunststoffe erst begonnen. Kunststoffe mit speziellen Eigenschaften werden helfen, die Innovationen der Zukunft durchzusetzen. Hier nur einige Stichworte.
Medizin: Fixationsstifte aus Polylaktiden stabilisieren verletzte Knochen, bevor sie sich innerhalb von zwei Jahren vollständig abbauen. Künstliche Haut, eine zweischichtige Membran aus einer Silikonschicht und einer natürlichen Gewe- beschicht, die auf einem Nylongewebe kultiviert wurde, deckt Wunden bis zur vollständigen Heilung hygienisch ab.
Kommunikation: Holo-CD’s aus modifiziertem Polycarbonat können Bits nicht nur nebeneinander sondern auch übereinander stapeln. Eine Kapazität von 1.000 Gigabyte wäre so möglich.
Quelle: www.deutsches-kunststoff-museum.de
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